Kündigung durch Bausparkasse


Ein Mann mit Hemd und Krawatte zerreist ein Dokument
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Das nun schon einige Jahre anhaltende historisch niedrige Zinsniveau in Europa hat auch die Bausparkassen in Bedrängnis gebracht. In ihren Büchern befinden sich immer noch Altverträge, welche den Sparern vergleichsweise überdurchschnittliche Zinsen bescheren.

Diese liegen weit über den Zinsen, welche die Bausparkassen durch die Vergabe von Darlehen einnehmen. Das heißt: So lange diese Altverträge bestehen, bezahlen die Häuser pro Vertrag kräftig drauf.

Vor allem in den Jahren 2013-2015 mehrten sich die Pressemitteilungen, dass die Bausparkassen sich von diesen Altverträgen trennen wollten und sie von sich aus kündigten. Diese Kündigungen waren aber nur bedingt rechtmäßig.

Die Institute hatten Verträge gekündigt, welche das Ansparziel erreicht oder bereits überschritten hatten, aber das Bauspardarlehen nicht abgerufen wurde. Aus Sicht der Bausparkassen wurde der Sinn eines Bausparvertrages nicht erfüllt, wenn nach der Ansparphase keine Darlehensphase folgte.

Nicht jeder Bausparer benötigt eine Finanzierung und freut sich einfach über die hohen Zinsen auf einem nicht benötigten Guthaben. Denn zur Kreditaufnahme kann ihn keiner zwingen. Gleichzeitig können die günstigen Kreditzinsen heute schon für die Zukunft festgeschrieben werden.

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Rechtlicher Hintergrund der Kündigungen

Der Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigungen basiert auf § 489 BGB (1). Schlägt man im Gesetz nach, verwirrt die Bestimmung zunächst. Es geht schließlich um das ordentliche Kündigungsrecht des Darlehensnehmers.

Wie sich im Urteil des OLG Stuttgart vom 14. Oktober 2011 nachlesen lässt, handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen Darlehensvertrag (2). Nur ist es eben so, dass die Bausparkasse während der Ansparphase der Darlehensnehmer ist und sich die Rollen mit Auszahlung des Bauspardarlehens umkehren. Ab dann ist der Kunde der Darlehensnehmer.

Somit besitzt der §488 BGB Relevanz für die Fälle der Bausparkassen, die die hochverzinsten Bausparverträge ihrerseits kündigen wollten. Das OLG gab ihnen auch Recht. Voraussetzung dafür war allerdings, dass die Bausparsumme bereits durch das Sparguthaben erreicht wurde. Das heißt, wenn aus

Bausparguthaben + Bauspardarlehen = Bausparsumme

die Formel

Bausparguthaben = Bausparsumme

geworden ist. Dann sei der Vertrag als erfüllt anzusehen. Dieser Grundsatz gilt auch heute noch.

Im eigentlichen Kern eines Bausparvertrages steckt die Erreichung der Bausparsumme. Ein Teil wird angespart, ein anderer Teil wird als Darlehen aufgenommen. Am Ende muss dem Kunden die Bausparsumme zur Verfügung stehen. Hat er über die Zeit so viel angespart, dass genau dieses Ziel erreicht worden ist, kann die Bausparkasse den Vertrag einseitig aufkündigen.

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Die Hintertür für Bausparer, die nur angedeutet wird

Ein Tischkalender, bei dem die Seiten vom Wind aufgeblättert werden
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Der Bausparer kann also, muss aber nicht, sein Darlehen abrufen. Das ist sinnvoll: Wer kann schon mit Sicherheit sagen, was in sieben Jahre ist, wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif geworden ist?

Das Urteil des OLG Stuttgart sagt aber noch mehr: In Abschnitt 17 heißt es:

„Allerdings ist der Bausparer nicht verpflichtet, nach Zuteilung das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, §§ 12, 14 ABB 7“

Ergo: Wenn ein Bausparer seinen Bausparvertrag nicht voll besparte und noch eine Lücke zwischen Sparguthaben und Bausparsumme bestand, gab es für ihn noch die faktische Möglichkeit, sein Darlehen abzurufen, um die Lücke bis zur Bausparsumme zu schließen.

Tat er dies aber nicht, so fehlte der Bausparkasse die Grundlage, den Vertrag als erfüllt anzusehen und zu kündigen. Betroffene Bausparer hatten daher sehr gute Chancen, sich erfolgreich gegen die kündigende Bausparkasse zu wehren.

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Der BGH zur Kündigung von Bausparverträgen

Parallel zum Urteilsspruch des OLG Stuttgart gab es andere Gerichte, die die Sachlage anders deuteten und – je nach Fall und Umstände – den Bausparkassen Recht zusprachen. In dieses Mengengelage brachte der BGH mit einem aufsehenerregenden Urteil Klarheit.

Das Urteil, das nun das Maß der Dinge ist, wurde am 21.02.2017 gefällt. Danach haben die Bausparkassen das Recht, die Bausparverträge ordentlich zu kündigen, wenn das Bausparguthaben voll angespart wurde (3). Grundlage war auch hier der Paragraf 489 des BGB. Dort heißt es:

Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen, […] in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten

Da Bausparkassen als Darlehensnehmer während der Ansparphase gelten (sie erhalten von den Kunden die Sparraten als Darlehen, dass sie bei der Zuteilung der Bausparsumme verzinst ausbezahlen müssen), steht ihnen dieses Kündigungsrecht zu.

Erreicht der Bausparer mit dem hohen Sparzins also den Punkt, an dem er die geplante Sparleistung erbracht hat, fängt theoretisch die Uhr an, gegen ihn zu laufen. Denn nach Ablauf von 10 Jahren kann die das Unternehmen mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen.

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Was bedeutet das BGH Urteil für alte Bausparverträge und für neue?

Zwei Anwälte sitzen nebeneinander vor Gericht an einem Tisch
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Der Argumentation des BGH kann man sich nicht verschließen. Ein Darlehen ist eine Summe Geld, die ein Vertragspartner bekommt und später verzinst zurückzahlt. Das ist bei den angesammelten Sparleistungen eines Bausparvertrags der Fall.

Gleichzeitig öffnet sich hier womöglich eine juristische Hintertür. Was geschieht, wenn der Bausparer vorzeitig aufhört die Sparraten einzuzahlen und quasi die Pause-Taste drückt? So könnte die Bausparkasse nie den „Vollständigen Erhalt“ des Darlehens erreichen und somit womöglich auch keine Kündigungsberechtigung.

Für neue oder neuere Verträge bedeutet das, dass Verbraucher mittels eines Bausparvertrags die aktuell günstigen Kreditzinsen ohne Probleme über sechzehn Jahre in die Zukunft mitnehmen können. Denn ein herkömmlicher Bausparvertrag wird etwa nach sechs Jahren voll bespart sein. Dann muss die Bausparkasse noch weitere 10 Jahre warten und eine Kündigungsfrist von sechs Monaten einhalten. Macht in Summe über sechszehn Jahre.

In dieser Zeit kann sich der Bausparer überlegen, ob er das Bauspardarlehen abrufen will und von den bereits heute festgeschriebenen Zinsen profitieren möchte. Sollten die Kreditzinsen wider Erwarten bis dahin nicht deutlich angestiegen sein, stellt sich der Vertrag natürlich als sehr ungünstiges Investment heraus, denn die Sparzinsen sind noch tiefer im Keller, wie die Kreditzinsen.

Vergleichen Sie daher gleich, welcher Bausparvertrag für Ihre strategische Planung am meisten Sinn macht. In aller Regel haben Sie bei allen Bausparkassen die Wahl, ob Sie sicher in Richtung Darlehen gehen wollen, ob Sie ein Sparprodukt suchen oder ob Sie noch unentschlossen sind:

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